Im Rahmen der Wiener Stadtgespräche unterhielt sich Peter Huemer am 26.2.2008 mit dem Abgeordneten zum Europäischen Parlament Daniel Cohn-Bendit. Nach einem kurzen und unnötigen Eingangsgeplänkel
über die Fussball-Europameisterschaft setzte Cohn-Bendit ein Zeichen und blieb ihm zweieinhalb Stunden lang treu. („Wenn wir von der Europäischen Union reden, reden wir von einem Wunder“).
Er brach eine Lanze für den Vertrag von Lissabon, der zwar weit unter manchen Erwartungen geblieben, dennoch aber das Beste aller bisherigen Vertragswerke sei. Für eine echte europäische
Verfassung, die Europa „innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre kriegen wird“, braucht es dann ein gesamteuropäisches Referendum, mit klaren Mehrheiten der Bevölkerung und der
Mitgliedsstaaten.
Als Peter Huemer die Geldverschwendung in der EU, insbesondere in Italien, aufbrachte und gleichzeitig die langsame Abwicklung von EU-Projekten monierte, wies Cohn-Bendit gnadenlos auf den
Widerspruch der Argumentation hin. Was will man in Europa – Mehr Kontrolle oder Entbürokratisierung?
Zum zweiten rhetorischen Triumph gelangte Cohn-Bendit, als Huemer seine Angst vor dem türkischen Nationalismus im Hinblick auf eine EU-Mitgliedschaft der Türkei äußerte. Er fragte nach dem
französischen und deutschen Nationalismus, die Huemer als „gezähmt“ bezeichnete. Darauf Cohn -Bendit: „Und wer hat diese Nationalismen gezähmt?“
Natürlich ließ Cohn-Bendit die Gelegenheit zu politischen Seitenhieben nicht aus. Er wandte sich heftig gegen Tony Blair als im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Präsidenten des Europäischen
Rates. Wie könne jemand, der die Grundrechts-Charta, die Währungsunion, Schengen und anderes nicht mittrage, den Anspruch erheben, „Präsident des Ganzen zu werden?“ Auf die Frage nach seiner
Präferenz nannte Cohn-Bendit „seinen Lieblings-Christdemokraten“ Jean-Claude Junckers.
Es war ein tröstlicher Abend. Im Kampf gegen kleinstaatlerischen Partikularismus, gegen die "Mir san Mir"-Mentalität und gegen die Verführung die Europäische Union als Sündenbock für alle Mängel
hierzulande anzuprangern, ist Wir Sind Europa nicht allein. Zwar „machen wir alles falsch, aber es ist trotzdem
großartig“. Danke, Danny.
Margareta Stubenrauch, 27. Februar 2008