EU-Superstaat durch die Hintertür?

Dazu veranstaltete Wir Sind Europa am 7. April 2008 in Kooperation mit der Wiener Gruppe der Europäischen Föderalisten eine Podiumsdiskussion.

 

Unter der Leitung von Andreas Koller (Salzburger Nachrichten) diskutierten Friedhelm Frischenschalger (Europäische Föderalisten), Miguel Herz-Kestranek (Schaupieler und Autor), Petra Ziegler (ATTAC) und Andreas Schieder (Außenpolitischer Sprecher der SPÖ).

Andreas Koller eröffnete die Diskussion mit einer Kritik an der Bundesregierung für ihre mangelnde Informationspolitik zum Vertrag von Lissabon. Andreas Schieder gestand diese Versäumnisse durchaus ein, meinte aber, dass vieles, was man derzeit am Vertrag kritisiere erst später der konkreten Ausgestaltung der Politik auf europäischer Ebene obliege. Der Vertrag ist nur ein Rahmen. Petra Ziegler begründete ihre Ablehnung des Vertrages mit dem nicht behobenen Demokratiedefizit und dem unveränderten Überhang der wirtschaftlichen Integration. Sie bewertete die Grundrechts-Charta jedoch positiv, wobei ihre Einschätzung zu deren Wirksamkeit aufgrund der Unberechenbarkeit des Europäischen Gerichtshofes pessimistisch blieb.

Miguel Herz-Kestranek beklagte den Mangel an europäischer Begeisterung. Die Europa-Debatte hat die Herzen der Menschen noch nicht erreicht. Ursache dafür seien unsere "armseligen Kleinhäusler, die Politiker. Friedhelm Frischenschlager kritiserte die jahrelangen Versäumnisse in der Europa-Politik. Fragen wie Energie, Umwelt, Wirtschaft und Sicherheit sind nationalstaatlich nicht mehr zu lösen. Die Kritik an der EU als "Superstaat" bezeichnete er schlichtweg als "Witz", mit 1 % des BIP der Union sei kein Superstaat zu machen.

Herz-Kestranek forderte, Europa als eine Aufgabe zu betrachten, während Frischenschlager vor den nächsten Wahelen zum Europäischen Parlament 2009 einen "Ausweg aus der Verprovinzialisierung" wünschte. Das größte Kompliment für die Veranstaltung kam aus dem Publikum, als ein Teilnehmer meinte, er habe wesentlich mehr gelernt und erfahren, als bei der TV-Diskussion der politischen Parteien am Vortag.

Margareta Stubenrauch, 9. April 2008