Warum Österreich so ist, wie es ist

Hannes Androsch, Buchverlage Kremayr & Scheriau/Orac, 2003
143 Seiten, ISBN 3218007135

"Zukunftsgestaltung ruht auf der Grundlage von Verangenheitskenntnis" schreibt Hannes Androsch auf dem Umschlag seines Buches, was unvermeidlich an seinen Entdecker Bruno Kreisky erinnert ("Lernen Sie Geschichte").

Der Band schildert das Sein und Nicht-Sein des Österreichers und analysiert die österreichische Seele mit geschichtlichen Ursachen. Interessant sind die Darstellungen über mangelnden Liberalismus in Österreich und die Hindernisse zur Industrialisierung des Landes. Hannes Androsch beschreibt auch, wie er die zweite Republik erlebt hat. So zum Beispiel auch seine Zeit als Finanzminister. Hier kritisiert er wirtschaftspolitische Entscheidungen in der Krise ab 1973, als in dieser Zeit in Bezug auf die verstaatlichte Industrie eine "Strategie der Strukturerhaltung anstatt der Strukturanpassung" erfolgte – entgegen der Position des ressortunzuständigen Finanzministers.

Dieser Finanzminister verweist auf die Jahre 1969 – 1972, welche ein Nulldefizit aufwiesen, um das Unwort des Jahres zu verwenden. Dies als Stichwort – natürlich hat Androsch auch eine Meinung zur schwarz-blauen Koalition, insgesamt dominieren aber weitsichtigere Überlegungen für Österreich und auch für Europa. Als Beispiele seien genannt die Feststellung, dass der Sozialstaat über die ursprünglich angedachte Absicherung viel zu weit ausgewuchert ist, und dass Amerika im Vergleich zu Europa den Vorteil einer ständigen Zuwanderung besitzt. Die Zuwanderer bringen durch ihren Erfolgswillen und ihre Vielfalt Amerika entscheidende Vorteile. In diesem Vergleich verliert Europa – und wird immer älter.

Insgesamt ein angenehm zu lesender Essay, dessen Inhalte in Österreich breiter zu diskutieren durchaus gewinnbringend sein könnten.

Hannes Heissl, 28. 6. 2003