Oblomov

 

Iwan Gontscharow, DTV 12495, 2003
654 Seiten, ISBN 3423124954

„Bedenke, dass du….nichts über Politik, Börse, Aktien, Berichte, Ministerempfänge, Ränge und Tischgeldzulagen hören würdest… Du brauchst niemals die Wohnung wechseln, was das allein schon wert ist! Und das soll kein Leben sein?“ „Das ist kein Leben!“ wiederholte Stolz eigensinnig. „Was ist es deiner Meinung nach dann?“ „Das ist“ - Stolz dachte angestrengt nach und suchte nach einer Bezeichnung für dieses Leben -, „sagen wir … Oblomowerei“, entgegnete er schließlich.

Das ist wohl die bekannteste Stelle aus Iwan Gontscharows Roman „Oblomow“, in dem der Anti-Held Ilja Iljitsch Oblomow die ersten zweihundert Seiten damit verbringt, aus dem Bett aufzustehen. Sein Lebensideal ist Ruhe, Beschaulichkeit und ein friedvolles, gleichmäßiges Leben. Oblomows Freund, Andrej Stolz, ist von ganz anderem Zuschnitt. „Er war unaufhörlich in Bewegung…War irgendein Projekt zu entwerfen oder galt es eine neue Idee zu verwirklichen, wählte man ihn dazu aus. Daneben verkehrte er noch in der großen Welt und las; wann er das alles tat, wusste nur Gott allein.“

Stolz versucht mit allen Mitteln, einschließlich der schönen und klugen Olga, Oblomow aus seiner Welt zu reißen. Es gelingt nicht. Oblomow führt trotz einer Reihe von Versuchen, aus seinem Trott auszubrechen, sein beschauliches Leben weiter und am Ende ist es Stolz, der nach der Sinnhaftigkeit allen menschlichen Strebens fragt.

Gontscharows Roman erschien 1859: Es ist wohl die gelungenste Zuspitzung der intellektuellen Debatte in Russland zu dieser Zeit: Anpassung an den Westen mit seinen modernen Ideen und wirtschaftlichen Fortschritten gegenüber der duldenden, konservativen russischen Volksseele mit der starken Betonung eines beschaulichen gottgefälligen Lebens (Westler versus Slawophile). Aber Oblomow ist mehr als ein wunderbares Zeitbild Russlands im 19. Jhdt. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist eine der großen Fragen der Menschheit und der Roman wird dem Thema absolut gerecht. Lesen Sie selbst!!!

Margareta Stubenrauch, 20. 4. 2004